Vorgeschichte
Diese beginnt praktisch mit der Gründung der evangelischen Pfarrgemeinde Wien-Döbling im Jahre 1964, deren offizielle Verselbständigung mit 1. Jänner 1965 in Kraft trat. Vorher gehörte das Gebiet unserer jetzigen Pfarrgemeinde zur Pfarrgemeinde Währing, die in der Kreindlgasse 9 eine Predigtstation unterhielt. Es war dies ein von einer Werkstätte zu einem Andachtsraum umgebautes Nebengebäude einer Döblinger Villa – eine provisorische, eher unzureichende Lösung. So war es naheliegend, dass bei den damals 5.000 Döblinger evangelischen Christen nicht nur der Ruf nach einer selbständigen Pfarrgemeinde aufkam, sondern auch bald danach der Wunsch nach einem entsprechenden Kirchenbau in Döbling in den Vordergrund rückte. Die Mitglieder des Presbyteriums und andere engagierte Glaubensangehörige machten sich gewissermaßen rastermäßig auf die Suche nach geeigneten Baugründen in Döbling. Ein erstes Projekt am Hannplatz scheiterte 1971 an Protesten von Gärtnern und Anrainern. Es vergingen weitere Jahre der Suche, bis endlich 1976 ein Grundstück in der Börnergasse 16 ins Blickfeld rückte. Auf diesem befand sich eine Gärtnerei, die zugesperrt hatte. Die Umwidmung von Grünland in Bauland konnte durch Gemeinderatsbeschluss erwirkt werden. die grundsätzliche Baugenehmigung erteilte der OKR am 22. Juli 1977. Damals war längst ein neues Presbyterium am Werk. Nach dem Tod von Dr. Gutjahr wurde im Jahre 1975 HR Dr. Otto Deibner zum Kurator gewählt. Pfarrer Dr. Ludwig Glaser, der ja der erste Pfarrer der Pfarrgemeinde Döbling war, und HR Dr. Otto Deibner waren die Proponenten des Kirchenbaues, der zu ihrem Lebenswerk wurde. Dem Presbyterium gehörten zu dieser Zeit ferner an: Pfarrer im Schuldienst DDr. Martin Bolz, Vikar Michael Bünker (ab 2008 Bischof der Evang. Kirche A.B. in Österreich) sowie als Kuratorstellvertreterin Mag. Herta Ortlt, ferner Komm.Rat Karl Bayer, Präs. Dr. Udo Jesionek, Prof. Dr. Helmut Kinzel, Dr. Wilfried Lefford, Ruth Mehl, Ing. Max Meister, Dr. Theodor Müller, Friederike Stohanzl, Dr. Hildegard Traitler und Irene Weißensteiner
Das Bauprojekt
Mit Planung und Überwachung des Baus in der Börnergasse wurde – nach seinem Erfolg bei der früheren Ausschreibung – wieder Architekt Roland Moebius betraut. In seiner Baubeschreibung steht: „Die besondere Lage dieses Grundstückes lässt es zweckmäßig erscheinen, die Baumasse durch geringe Höhenentwicklung der Umgebung anzupassen und eine sinnvolle und harmonische Einfügung in das Gelände zu erwirken.“„Der Zugang erfolgt von der Börnergasse über einen eigenen Kirchenplatz, der durch seine Abmessung und Eigenart dörflichen Charakter aufweist.Hier betritt man direkt die Vorhalle bzw. den eigentlichen Gottesdienstraum mit den unmittelbar angeschlossenen zugehörigen Raumgruppen.“ Entlang der Börnergasse sind Parkplätze vorgesehen. „Eines der Hauptanliegen in der funktionellen Gliederung war die gute und flexible Verwendungsfähigkeit der 3 Räume des zentralen Gottesdienstbereiches. Hier wird durch verschiedene Maßnahmen, z.B. Schiebewände, aber auch durch Verschiebung des Mobiliars, es möglich gemacht, dass die verschiedensten Funktionen zeitlich begrenzt oder auch gleichzeitig ungestört nebeneinander laufen können.“ Die Zusammenfassung von Gottesdienst- und Versammlungsräumen, Kanzlei, Pfarrhaus und technischen Räumen zu einem evangelischen Gemeindezentrum ist zweifellos in vorbildlicher Weise gelungen. Der Abfall des Geländes gegen Osten um 3 Meter wurde sinnvoll zum Bau des Untergeschoßes genützt. Die Idee eines separaten Glockenturms geht übrigens auf damalige kritische Bemerkungen zurück, dass neuere Kirchenbauten von außen nicht genügend als sakrale Bauten wahrzunehmen seien.
Finanzierung
Der Bau inklusive Grund kostete rund 13 Mio. Schilling (= etwas unter 1 Mio. €) – ohne Pfarrhaus. Der Grundkauf wurde aus Eigenmitteln abgedeckt, die Erhöhung der Gemeindeumlage erbrachte weitere Eigenmittel, ebenso eine umfangreiche Spendenaktion im Rahmen der Evangelischen Pfarrgemeinde Döbling. Immerhin konnte somit etwa die Hälfte der finanziellen Erfordernisse selbst (d.h. von der Pfarrgemeinde Döbling) aufgebracht werden! Um den Bau des Gemeindezentrums zu bewerkstelligen waren darüber hinaus auch noch zahlreiche helfende Hände von evangelischen Institutionen erforderlich, insbesondere seitens des Verbandes der Wiener Evangelischen Pfarrgemeinden A.B. in Form eines hohes zinsenfreies Baudarlehen, weiters durch erhebliche Spenden seitens Gustav-Adolf-Werkes der EKD, des österreichischen Gustav-Adolf-Vereins und unserer Partnergemeinde Mölln-Lauenburg. Trotz all dieser Spenden- und Opferbereitschaft mussten beim ursprünglichen Projekt aus finanziellen Gründen Einschränkungen vorgenommen werden: So wurde auf den Bau eines angeschlossenen Kindergartens verzichtet, der Bau des Pfarrhausbaues um 12 Jahre zurück gestellt, ebenso um mehrere Jahre die Anschaffung einer Orgel. Aber auch bei Fertigstellung des Untergeschoßes, das ja vorwiegend als Jugendzentrum gedacht war, war wieder einmal das Geld ausgegangen. Da gab´s zum Glück den zweiten Pfarrer, Schulpfarrer DDr. Bolz, der mit seinen Konfirmanden und der von ihm geleiteten Jugendgruppe eingriff, um die Fertigstellung des Untergeschoßes zu ermöglichen. Allerlei Materialien wurden angeschafft, Kabel erschnorrt und montiert, Wände präpariert und ausgemalt, die Holzverkleidung der Decke montiert – kurzum es entwickelten sich auch in der Jugend unglaubliche Aktivitäten, die schließlich dazu führten, dass auch diese Räumlichkeiten bis zur Einweihung benützbar waren. Auch Fachleute standen für diese Initiativen zur Verfügung, wie z.B. unser damaliger Presbyter Herr Ing. Meister.
Einweihung
Die Einweihung der WEINBERGKIRCHE durch Bischof Sakrausky fand – nach zweijähriger Bauzeit – im Rahmen eines Festgottesdienstes am 27. September 1981 statt. Besonders schön daran ist, dass sich in diesem Jahr, nämlich 1981, zum 200sten Mal die Erlassung des Toleranzpatentes durch Kaiser Josef II. jährte. Der Name „WEINBERGKIRCHE“ ist übrigens nicht durch einen einsamen Beschluss eines Gremiums festgelegt worden. Es wurde vielmehr vom damaligen Presbyterium eine Rundfrage mit verschiedenen Namensvorschlägen unter allen Gemeindegliedern Döblings durchgeführt. An der Abstimmung haben sich im Frühjahr 1979 zahlreiche Pfarrgemeindemitglieder beteiligt. Mit großem Abstand lag die Bezeichnung „WEINBERGKIRCHE“ voran. Alle hatten hiebei das Bibelwort vom „Weinberg des Herrn“ und die Lage in den Döblinger Weinbergen im Sinn.
Nutzung
Von Beginn an fanden vielgestaltige Gottesdienste und Andachten statt, fröhliche und festliche, aber auch nachdenklich stimmende. Bei Taufen und Hochzeiten versammelten sich Familien, Freunde und Bekannte in der WEINBERGKIRCHE. Unsere verdienstvollen Arbeitskreise, von den Kreativen über die Weinbergjugend bis zur Seniorenrunde, wären ohne unser Gemeindezentrum nicht denkbar. Gerne haben wir die Tore unserer WEINBERGKIRCHE für übergemeindliche Aktivitäten geöffnet: So fand 1990 die Generalsynode der Evangelischen Kirche Österreichs – durch eine Woche hindurch – in der WEINBERGKIRCHE statt. 1991-1994 wurden während der Jugoslawien-Kriege, im Zuge der diakonischen Aktion „Herberget gerne“, bis zu 34 bosnische Flüchtlinge im Untergeschoß unseres Gemeindezentrums von unseren Gemeindemitgliedern betreut. Eine ähnliche Aktion im Jahre 2003 stellte das „Mobile Notquartier“ dar. Es wurden am Höhepunkt der Flüchtlingswelle 10 Flüchtlinge mehrere Wochen beherbergt und betreut. 1992 wurde die Organisation SMID (Sozialmedizinisches Nachbarschaftshilfezentrum in Döbling) gegründet, das sein Büro im Gartengeschoß der WEINBERGKIRCHE hat. Ebenfalls 1992 fand das Gustav-Adolf-Fest der Evangelischen Diözese A.B. Wien in unserem evangelischen Gemeindezentrum statt. Mehrmals in den vergangenen Jahren wurde der Weltgebetstag der Frauen und weiters das Wiener Kindergottesdienstfest unter großer Beteiligung in unseren Räumlichkeiten abgehalten. Seit 2002 haben die Wiener Gehörlosenseelsorge und von 2005- 2012(?) die Finnische Gemeinde A.B. in Österreich ihren Sitz in der WEINBERGKIRCHE. 2005 wurde eine Versammlung der Pfarrgemeinden der Diözese Wien in der Börnergasse abgehalten. Die große Leistung unserer Vorgänger ist gewiss nicht vergeblich gewesen! Wir sind uns bewusst, ein kostbares Erbe zu hüten. Die Pfarrgemeinde Döbling gedenkt von dieser Stelle aus in großer Dankbarkeit all jener, die zum Bau der WEINBERGKIRCHE beigetragen haben.
(Dem gekürzten und bearbeiteten Text liegt der Festvortrag zugrunde, den der Kurator der Pfarrgemeinde, Dr. Gerald Kus, anlässlich des 25jährigen Bestehens des Gemeindezentrums Weinbergkirche am 1. Oktober 2006 gehalten hat.)